Rezension: Joshua Lingel, Jeff Morton, Bill Nikides (eds.), 2011, Chrislam: How Missionaries Are Promoting an Islamized Gospel

werner [at] forschungsstiftung.net

 

Dieses Werk ist als Antwort auf eine in kirchlichen und missionarischen Kreisen in den USA  intensiv geführte Diskussion über Ansätze der Kontextualisierung im islamischen Raum zu sehen. Dabei geht es unter anderem um Bibelübersetzungen, die sich in ihrem Sprachgebrauch auf die islamische Welt einstellen und die meist von sogenannten Insider Movements (IM), aber von teilweise westlichen Organisationen linguistisch, technisch und finanziell betreut und unterstützt werden.

Die theologische Fakultät in Biola hat sich in der Diskussion besonders hervor getan, da sie federführend für einige Kirchenbünde (Freikirchen), allgemeine Stellungnahmen zu diesem Thema vorbereitet hat. Die hier vorliegenden Aufsätze bilden eine sehr detaillierte und couragierte Sammlung und Zusammenfassung der Forschung aus dem letzten Jahrzehnt. Die Sammlung besticht durch ihren Umfang, die Heranziehung einer ungeheuren Menge an Meinungen und Veröffentlichungen zum Thema und der Darstellung beider Seiten. Befürworter und Kritiker, aus letzterem Kreis stammt das Werk, kommen zur Sprache und finden Gehör. Leider, so ein Wermutstropfen dieser Arbeit, werden die Befürworter immer aus kritischer Sicht beschrieben. Es kommen neben den kritischen Herausgebern auch Georges Houssney, John Span, Roger Dixon, David Talley, Emir Caner, David Abernathy, Adam Simnowitz, Abdul Qurban, Edward Ayub, Elijah Abraham, Bassam Madany, Sasan Tavassolie und alte Quellen (Zwemer, Cook) zu Wort.

Die Herausgeber gehen völlig zu Recht davon aus, dass sich die „Problematik“ der Kontextualisierung von Bibelübersetzungen im islamischen Raum nur in enger Verbindung zu den „Insider Movement“ Entwicklungen beantworten lässt. Sie entwickeln deshalb folgerichtig und zum Vorteil des Lesers ihre kritische Argumentation auf der Basis zahlreicher Perspektiven von Insidern und Outsidern. Es sind vor allem die Insiderdarstellungen, die die Debatte bereichern.

Die Herausgeber gliedern die Problematik in die drei Themengebiete Missiologie, Theologie und Übersetzungswissenschaft. Dabei bilden, aus theologisch-missiologischer Sicht die Kapitel

zur Hermeneutik (Kapitel 2),
zur Missiologie (Kapitel 3) und
den Insiderperspektiven (Kapitel 5)
einen reichen Fundus an kritischen Argumenten zu ethischen, hermeneutischen, soziologischen und psychologischen Fragen dieser Art der Kontextualisierung. Für den Bereich kontextualisierter Bibelübersetzungen und für Bibelübersetzer geben die Kapitel 2 und 4 einen guten Überblick über die theologisch-missiologischen Vorbehalte. Hierzu gehören vor allem die Anbiederung an den Islam, die Aufgabe der Trinitätslehre, der Verrat an Christen aus islamischem Hintergrund welche gerade die Familienbezeichnungen in der Trinitätsbeschreibung zur Abgrenzung gegenüber dem Islam benutzen und viele Argumente mehr.

Die gesamte Darstellung basiert auf zwei Argumenten. Zum Einen wird die Insider-Bewegung und das von Travis entwickelte Spektrum der Kontextualisierung im Islam (C1-C6-Spektrum) kritisiert und damit die Option einer „dualistischen Präsenz“ als „muslimischer“ Christ abgelehnt. Dieser bliebe mit gutem Gewissen dem islamischen Hintergrund auf soziologischer Ebene verhaftet. Zum Zweiten werden Ansätze zu einer sprachlich-kulturellen Kontextualisierung im islamischen Raum in den Bereich des Synkretismus gerückt. Eine anschauliche Anekdote in der Einleitung (S. 8-10) beschreibt die Spannung dieser Problematik. Ein westlicher Christ „Jim“ und ein einheimischer Christ aus islamischem Hintergrund „Tahwil“ führen einen Dialog in dem klar wird, dass Tahwil von Jim betreut wird, dieser aber so vieles vom Islam aufgreift, dass Tahwil nicht mehr weiß, ob er nun eigentlich Christ oder Moslem ist.

Dieses Buch ist ein Fundus zur Diskussion. Kritikern liefert es eine Zusammenfassung und eine Kategorisierung der vielerlei Themengebiete zu diesem Gegenstand. Befürwortern gibt es einen Einblick über mögliche Schwachstellen der Bewegung, sowie eine umfangreiche Übersicht über die Hauptargumente aus kritischer Sicht. Für mit der Diskussion nicht vertraute Leser überwiegt in diesem Buch die Kritik so stark, dass es nicht möglich ist nur mit Hilfe des Buches einen objektiven Eindruck zur Thematik zu bekommen.

 

Insider Movements ; Bibelübersetzung ; Missionsbewegung ; Jahrhundert der Bibelübersetzung ; globale Kirche ; glokale Kirche ; kirchliche Entwicklungshilfe ; kirchliche Arbeiter

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